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Ich denke, dass es heute, mit der Arbeit, etwas seichter wird. Ich werde hier auch nicht auf Kollegen anspielen, oder auf Firmen und sie loben oder dekreditieren. Aber auf unzulängliche Chefs könnte es ein paar Worte geben. Es geht hier um ein Gefühl, was sich aufdrängt seit meines ersten Nebenjobs bis hin zur jetzigen Firma, bei der ich arbeite.
Das Internetcafé
Meinen ersten Nebenjob hatte ich mit 15. Es war an Wochenenden in einem Internetcafé zu arbeiten. Tresen sauberhalten. Getränke ausgeben. PCs anweisen und so weiter. An sich war der Job entspannt. Und langweilig weil ich die ruhigen Schichten hatte (Frühdienst samstags und sonntags). Da hilft man erstmal der Nachtschicht noch etwas sauber zu machen, macht die Übergabe der Kasse und ist dann auf sich gestellt.
Aber in diesem Job lernte ich meine erste Lektion: Es ist nie gut genug. Es gab Tage, da musste ich tatsächlich um Hilfe schreien bei Kollegen, weil da jemand sehr großen Druck aufgebaut hat, der für einen Jungen, der ich damals war, einfach zu viel war. Mein Gott; ich war fucking 15. Natürlich kam ich mit voll besetzten PCs, alle zwei Minuten einer neuen Bestellung nicht zurecht.
Ich hab den Job leider nicht sehr lange gemacht. Denn irgendwann, wurde ich nur noch angebrüllt, weil das, das und das nicht gemacht war und warum ich die Schicht meiner Mutter übernommen habe (UPSI) und wo sie sei und dass sie sofort herkommen soll. Ich ließ mir das nicht gefallen. Schmiss ihm meine Schlüssel vor die Füße mit den Worten, dass er seinen Scheiß doch selbst machen soll.
Ich weiß nicht, was dieser Mensch von mir erwartet hatte. Ich war 15, das war mein erster Job und ich hatte bewusst die stillen Schichten bekommen. Ihm hatte das Feingefühl gefehlt und bei mir dafür gesorgt, dass ich nen schlechten Eindruck von der Arbeitswelt bekam.
Die Ausbildung
Auf dem Weg zur Ausbildung vom Internetcafé liegt ein schlechter Abschluss, eine Berufsfachschule und ein ein-Euro Job. Alles recht entspannt. Ich kam sehr gut zurecht. Aber aufgrund dessen, dass in meiner Familie die Arbeitslosigkeit oder Schwarzarbeit vorherrschte, hatte ich das Gefühl mich immer beweisen zu müssen. So auch in meiner Ausbildung.
Ich hatte den tollsten Ausbilder, den man sich vorstellen konnte und er achtete, so gut er konnte, auf seine Schützlinge. In einem so großen Haus, in welchem wir arbeiteten, war dies jedoch nicht immer möglich. Also ging es los.
Ich tat generell viel in kurzer Zeit. Wie bei der Probearbeit, welche ja scheinbar dafür sorgte, dass ich bleiben dürfte, auch. Beweisen, dass ich zurecht da bin und andere, die vermutlich besser qualifiziert waren weil Abi, bessere Noten etc.. Ich tat, was ich konnte, um einen guten Eindruck zu hinterlassen. Ich lernte auch sehr schnell. Meine Startabteilung wollte mich am liebsten gar nicht gehen lassen.
Allerdings war meine Motivation … Sagen wir übertrieben. Obwohl ich dazu angehalten war, auf mich zu achten, ging ich dennoch auch mit Fieber arbeiten und irgendwann packt der Körper sowas nicht. Zusätzlich meine eigene Psyche, die einen Knacks bekam, weil ich immer besser sein wollte. Ich wollte perfekt sein in dem, was ich tat. BOOM! Ausgeknockt.
Es begann eine schwere Zeit. Ich wurde krank. Nicht lange. Aber … Dafür immer öfter, weil ich mich selbst in eine Spirale manövriert hatte. Ich musste Dinge leisten, wurde dadurch krank. Wenn ich krank war, hatte ich das Gefühl, all die Arbeit, die natürlich in der Zeit von anderen gemacht wurde, wieder aufholen zu müssen. Also hing ich mich rein. Wurde wieder krank.
Und so zog sich das Spiel durch die Ausbildung. Arbeit. Krank. Arbeit. Krank. Ich habe mich nie getraut, trotz dessen mein Ausbilder der Hammer war, darüber zu reden. In seiner Abteilung z.B. hätte ich viele Chancen zum Reden gehabt. Aber da wurde es auch besser. Auch wenn da ein großer Druck herrschte, wurde penibel drauf geachtet, dass es den Mitarbeitern nicht an kurze Pausen fehlt, die ich mir davor nie erlaubt habe. Oder nur selten, wenn nicht gerade ein Mitarbeiter kam, um mich zu einer Minipause zu zerren.
Aktuell
Und irgendwie zog sich dieser Kreisel auch in dem Job durch, den ich nach der Ausbildung annahm. Ich sollte hier aber anmerken, bevor ich weitererzähle, dass dieser Job in zwei Phasen geteilt ist. Die ersten Jahre und jetzt. Denn zwischen diesen beiden Phasen liegen Welten.
Ich arbeite in einem Job, der absolut nichts mehr mit meiner Ausbildung zu tun hat. Im Gegenteil. Aber es war ein Job, den ich kurzfristig bekommen habe, damit ich nach der Ausbildung nicht wieder ohne was da stand. Das war mir sehr wichtig. Auch hier lernte ich wieder schnell. Aber durch den, selbst verschuldeten, Kreisel in der Ausbildung, war ich nicht das kräftigste Wesen. Die ersten drei Monate habe ich gepowert, wurde aber hier und da auch krank.
Das führte zu sehr unprofessionellen und unangenehmen, noch unangenehmer als sie so schon wären, Gesprächen. Und ich fiel noch tiefer in den Kreisel hinein. Es wurde tatsächlich damit gearbeitet, zu sagen, dass wenn ich fehle, andere die Last mittragen müssten. Ach ne. Wirklich? Ist ja nicht so, dass mir das nicht selbst schon durch den Kopf ging. Und mich immer wieder verrückt Macht.
Und dann kam sie. Die große „Erkältung“ wegen der ich fast ins Krankenhaus eingewiesen wurde. Ich stand kurz vor einer Lungenentzündung, die aber abgewehrt werden konnte, wegen einer bis dato guten Ärztin. Als ich natürlich wieder kam, gab es wieder böse Gespräche. Und die Wochen vergingen. Nur mein Krankenstand nicht. Der psychische Druck, den die damaligen Vorgesetzten aufgebaut haben, wurde schlimmer. Und irgendwann gab es nur noch Drohungen. Es wurde sogar mit der Uhr gestoppt, wann ich zur Toilette ging, mir was zu essen machte oder meine Bildschirmpause, die mir zustand, gemacht habe. Wie lange. Und ordentlich dokumentiert. Als sie mir das alles vorgehalten haben hieß es nur noch…
K.O.
Mein Kopf wollte nicht mehr. Ich wusste, dass mein Krankenstand nicht gut war für die Arbeit und die Kollegen. Das war mir bewusst. Aber ich konnte nichts tun. Ich hatte wirklich Panikzustände bekommen, wenn ich nur an die Arbeit dachte. Und das führte privat auch zu Problemen. Die Beziehung litt darunter und ich ging meinem Besten auf die nerven. Der mit sehr viel Verständnis kam. Und nebenbei gemerkt, schrieb ich eine Nachricht an die Chefs ganz oben. Also … ganz weit oben.
Das war auch die Zeit, wo ich mein Arzt wechseln musste. Meine Ärztin wollte auf einmal nur noch homöopathisch helfen. Baldriantabletten, die größer waren als eine Kidneybohne, gutes Zureden und so weiter. Bis ich ihr sagte, dass das alles nichts Helfe.
Ich habe nachts nicht mehr geschlafen. Tagsüber nur sporadisch. Und ich habe permanent geschwitzt und Angst gehabt. Vor der Arbeit. Vor allem, vor den alten Chefs. Doch dann kam sie mit „Ich werde doch nicht meine Zulassung aufs Spiel setzen, nur weil sie Ärger auf arbeit haben.“ Und ich bekam eine Krankschreibung für einen weiteren Tag und das Thema war beendet. Und ein zusätzliches Loch, in dem ich saß.
Ich ging nach Hause und telefonierte alle Ärzte in der Umgebung ab. „Nein wir nehmen keine neuen Patienten.“ War das, was ich an dem Nachmittag am meisten hörte. Bis eine am Telefon gefragt hat, warum ich so verheult klang. Ich erklärte ihr die Situation und bekam noch für denselben Tag einen Termin, mit Wartezeit natürlich. Aber das war okay.
Sofort ging ich los und der Arzt, und dafür danke ich ihm noch heute, nahm sich viel Zeit. Er ließ sich alles erzählen. Er fragte sogar nach, wenn etwas ungeklärt bliebt. Und er tat das, was ich in dem Moment brauchte. Chemie. Er verschrieb mir Schlaftabletten und Psychopharmaka. Die Krankschreibung ging sofort zwei Wochen. Ich beruhigte mich.
Soweit ich mich erinnere, war auch mein Bester froh, dass es diesen Arzt gab. Die zwei Wochen habe ich es geschafft, runter zu kommen und mich zu beruhigen. Ich suchte danach das Gespräch mit einem der Chefs und es lief an sich ganz gut. Ich hab sogar angeboten, von Zuhause zu arbeiten, weil ich schon seit 4 Wochen weg war und ich wollte guten Willen zeigen. Er lehnte ab und meinte, ich soll erstmal wieder auf die Beine kommen. Okay. Interessant.
Nach 5 Wochen beschloss ich jedoch wieder zur Arbeit zu gehen. Und da wurde mir klar, warum er ablehnte. Sie haben von der Nachricht an ganz oben erfahren. Und sie verdreht weitererzählt. Die Kollegen (Und ich gehe wirklich nicht genauer ein) waren der Auffassung, dass ich schlecht über sie geredet habe. Dabei wurden die Kollegen mit keinem Wort erwähnt. Aber das konnten sie nicht wissen. Ich erduldete also doofe Sprüche.
Irgendwann fingen die Kollegen an, sich permanent über die Chefs und ihre hinterfotzigen Methoden zu beschweren, und ich wurde sauer und sagte, dass wir dann was tun müssen. Ich zeigte meine erste Email rum und bekam sehr viele Entschuldigungen entgegengebracht. Von fast allen. Fast.
Ein kleiner Teil des Kollegiums und ich, verfassten nochmal eine Email nach ganz oben. Was schief lief. Was es für Probleme gab. Und wie es uns, und vor allem immer noch mir, ging. Und es ward Licht. Die Kollegen und ich rauften uns wieder zusammen. Und besonders ein Kollege hat meinen Dank verdient. Er kam als erster zu mir und wollte die ganze Geschichte wissen. Daher war es auch möglich, mit den Kollegen eine Email zu verfassen.
Die alten Chefs wurden kurzerhand beurlaubt und degradiert. Wir managten den Laden eine ganze Weile alleine. Gemeinsam. Hand in Hand und es funktionierte sehr gut. Ich wurde etwas weniger krank, aber leider noch nicht gut genug. Auch für mich nicht.
Irgendwann kam natürlich ein neuer Chef und es wurde alles neu aufgebaut. Arbeit wurde neu verteilt. Neue Kollegen eingestellt um die Arbeitslast zu senken. Es wurden Schichtleiter eingeführt und so weiter. Irgendwann gab es natürlich ein Gespräch bzgl. meines Krankenstandes mit vorgehaltenen Zahlen, die gar nicht vorgeschoben werden durften. Ich war sehr wütend und arbeitete schon hart an allem.
Allerdings würde ich hier sagen, dass die Personalabteilung hier einfach viel verbessern wollte. Optimierung und so. Im Nachhinein kann ich es sogar sehr gut verstehen, auch wenn es etwas unorthodox war, das so zu tun, wie es getan wurde.
Mittlerweile haben wir alle gelernt. Mein Krankenstand ist aktuell so gering wie noch nie. Und ich denke, dass ich einen akzeptablen Job mache. Nur leider habe ich andere Probleme, die Ängste wieder aufkochen lassen. Ich stehe quasi mit einem Bein im Burnout. Das heißt ich habe gute Tage und sehr, sehr schlechte Tage (Die ich aber bisher erfolgreich auf recht wenige Tage halten kann) wo ich nicht so produktiv bin, wie ich es gerne wäre.
Und das feuert die Angst an, dass ich nicht genug Leistung bringe. Das Dumme daran ist, dass mein Schichtleiter überhaupt nichts auszusetzen hat. Im Gegenteil. Er ist zufrieden mit dem, was wir als Team leisten. Und ich bin froh, dass ich mein Team habe. Wir fangen uns gegenseitig auf, wenn einer mal durchhängt. Dennoch, lieber Chef Chef, wäre ein oder zwei paar Hände mehr, sehr hilfreich. Chef – Schichtleiter. Chef Chef – Firmenchef.
Ich kämpfe wirklich hart und arbeite auch sehr an mir. Aktuell zwar nicht daran besser oder schneller zu werden, sondern nicht stark abzufallen, wenn meine Stimmung ins Depressive wandert. Ich hoffe, dass ich mich auch bald etwas weiterentwickeln kann und dass zukünftige Gespräche mit dem Chef Chef dahingehend produktiv werden.
Denn auch wenn ich gerne in der Firma arbeite, hätte ich irgendwann, nach nunmehr neun Jahren, schon gerne einen neuen, mit mehr Verantwortung belegten, Aufgabenbereich. Denn das ist einer der Gründe, warum gewisse Kämpfe in mir erfolgreich verlaufen. Die Hoffnung auf Veränderung. Denn ein Stillstand ist auch ein Angsterzeuger. Aber das kommt morgen.
Danke nochmal an mein Team in der Schicht und besonders dir, der auf mich zukam, als mich die Arbeit fertig gemacht hat und du wissen wolltest, warum es so ist, wie es ist.
Ende – ANGST #5 : Arbeit
Anmerkung: Dies ist/wird kein Selbsthilfeblog. Bei wirklich starken Problemen, sucht bitte professionelle Hilfe auf.
3 Kommentare zu „ANGST #5: Arbeit – Unbegründete Leistungsangst“
Tja, was soll man dazu noch groß sagen? In deinem Tätigkeitsbereich hab ich das Gefühl, wann immer ich davon lese oder höre, dass man dort früher oder später ne Macke bekommt. Wenn man die nicht schon vorher hatte und die dadurch garantiert nicht besser wird. Aber irgendwie scheint man das da zu brauchen um dort vernünftig arbeiten zu können.
Burnout ist ne eklige Geschichte. Genau genommen hab ich den Verdacht bei mir auch, seit ich von deinem erfahren hab. Rückblickend natürlich auf die letzten Jahre noch vor meiner langjährigen Beziehung. Ich kenn zumindest das Gefühl und hoffe, dass die Situation bei dir auch irgendwann besser wird. Aber wie gut dass du in deinem jetzigen, verständnisvollen Mann einen verlässlichen Ruhepol hast, der dafür sorgt dass du nicht so schnell entgleitest. ;)
Hey, Gerry
Besser spät als nie oder so.
Jetzt versteh ich definitiv erstmal besser warum du bei Überstunden immer zu knurren anfängst. Du willst nicht das deine Wuffel in dieselbe Spirale fallen wie du es bist. Ich versteh auch die Situation während des Internetcafes gut. In meiner Kochlehre war nichts gut genug, egal wie penibel ich darazf geachtet hab, das alles passt. Das ging soweit, dass mir vorgezeigt wurde wie ich was zu schneiden hab, ich es nachgemacht hab, dann gesagt wurde, ich müsse es so machen, wie es mir gezeigt wurde und dabei ein Stück hichgehalten wurde, welches ich selber geschnitten hatte. In diesen 6 Monaten Kochlehre war ich so tief unten wie noch nie zuvor. Ich hab am Tag 2 Stück Toast gegessen und das wars. Ich hab den ganzen Tag nichts anderes mehr gegessen, ich hab nur noch gearbeitet oder geschlafen, wollte mir selber einen Finger abschneiden um nich mehr hin zu müssen usw. Ich glaub du weißt worauf ich hinaus will. Diese 6 Monate haben dann dafür gesorgt das ich bei jeder Arbeit panische Angst bekommen hab, wenn es um einen Probetag ging oder ähnliches. Ich hatte panische Angst davor, dass es wieder so wird und ich wollte nicht wieder in so ein tiefes Loch fallen (bei dem ich btw einiges verloren hab, was mir zu dem Zeitpunkt wichtig war). Ich bin froh, dass ich jetzt einen fantastischen Ausbilder hab, der nicht seine privaten Probleme an mir auslässt, die Arbeit die ich leiste anerkennt, der sich bemüht, dass es mir gut geht und wenn es mir mal schlecht geht, auch nachfragt und versucht das Problem zu lösen, egal ob es Arbeitstechnisch oder Privates ist. Ich hätte vorher nie gedacht, dass ich wirklich Spaß an Arbeit haben werde… Oder das ich überhaupt ne “richtige Arbeit” finden werde…
LG Hati
Die Arbeit ?
Ich habe zwar bisher eigentlich nur einen richtigen Job in welchem ich seit 12 oder 13 Jahren arbeite, aber ich finde mich immer wieder in der Situation zu denken ich schaffe nicht genug, ich muss mehr und besser.
Perfektionismus kann echt nervig sein.
Tatsächlich war ich auch sehr oft krank und gestresst, doch durch das passende Team habe ich da eine gute Situation momentan und mir einen gewissen Ruf erarbeitet, der meinen Vorgesetzten zumeist imponiert :3
Aber ich kann dich nur allzu gut verstehen, dass man In Zeiten das Gefühl hat, man schafft viel zu wenig D: