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Wie ich im Familienblog schon erwähnt habe, glaube ich, dass mein Verhältnis zu Geld etwas gestört ist. Dadurch, dass ich als Kind und Jugendlicher nicht viel hatte und das was ich hatte, sogar zu Geld machen musste, hat sich dadurch ein Defizit aufgebaut.
Für einige mag dies durchaus Albern klingen, was ich sogar bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen kann. Wenn sich die Situation allerdings knapp 30 Jahre durchzieht, wird es schon verständlicher.
Durch einer meiner Ex-Partner, wurde ich noch tiefer in die Schuldenfalle gerissen. Das bedeutet, selbst als ich vollzeitbeschäftigt war, waren banale Dinge wie ein Videospiel eine mega Seltenheit. Das war auch die Zeit, wo ich sehr viele free-to-Play spiele ausprobiert und festgestellt habe, dass es für das einzig wahre keinen Ersatz gibt.
Ich konnte noch nie direkt mit Geld umgehen. Hatte ich was über, war es weg, für allmögliches Zeugs wie McDonalds, hochwertiges Essen, Spiele und mich begleitete immer das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Und es war auch falsch.
Warum das hochwertige essen? Ich habe mein halbes Leben das billigste vom billigsten gegessen. Der Sparmodus war allgegenwärtig. Mir wurde als Kind massiv eingebläut beim Einkaufen nur das billigste zu nehmen. Und es war absolut monoton.
Vieles von dem was ich früher gegessen habe, schmeckt mir nicht mehr. Ich kanns nicht mehr sehen. Und mir wird flau im Magen, wenn mir sowas serviert wird.
Erinnert ihr euch an einen meiner besten Freunde? Er hatte mich aus der Scheiße geholt. Er hat die Schulden, welche meiner Mutter verursacht hat und in der einen Beziehung sehr oft ausgeholfen. Das bisschen, was ich über hatte, hätte er eigentlich bekommen sollen. Doch ich wollte auf diese kurzzeitigen Annehmlichkeiten nicht verzichten. Verzicht war sehr lange ein Begleiter für mich und den wollte ich, auf biegen und brechen abschütteln.
Na ja. Ich habe immer noch einen Kredit laufen, der mir viele Möglichkeiten nimmt. Aber ich schweife ab und verliere die Kernthematik aus den Augen und das, meine lieben Welpen, ist nicht Sinn und Zweck dieser Aktion.
Gerade in der Zeit in der ich alleine lebte, wenn auch nur kurz oder in der einen Beziehung hat sich eine schlechte Angewohnheit eingebrannt. Ich habe jeden Tag auf mein Konto geschaut. Was kam, was ging ab und das gerechne, was übrig bleibt. Jeden Tag. Und es gibt Phasen, da mach ich das heute noch.
Und mit jedem Euro, der vom Konto verwand, und je näher die 0 kam, wurde ich zunehmend panischer. Manchmal lag ich nachts im Bett und der Gedanke ‚wie soll ich das alles schaffen?‘ ergriff mich komplett. Ich fühlte mich, obwohl es nicht so war, allein gelassen. Wie ein kleines Kind.
„Es gibt Schlimmeres. Andere Kinder hungern.“ Werden einige von euch sagen. Und, auch wenn du es nicht glaubst, ich weiß, was Hunger ist. Das Gefühl, wenn sich der Magen zusammenziehst und du vor dem Menschen stehst, der dich beschützen soll und mit Tränen in den Augen “Wir haben hunger” sagst. Wenn du einmal richtig gehungert hast, vergisst du dieses Gefühl nie wieder. Und du tust alles, damit das nie wieder vorkommt. Und genau dieses Gefühl ist das Gefühl, welches einen im Falle einer eintretenden Armut, die Angst kalt über den Rücken gleiten lässt.
Die Panik die einen ergreift, wenn sich das Konto leert, ist für mich vergleichbar mit der Panik, wenn man verfolgt wird. Man rennt und rennt und rennt. Man gewinnt jedoch keine Distanz. Im Gegenteil. Die Distanz wird Geringer. Dann kommt der Punkt, an dem du zu deinem Telefon greifst, eine Nummer wählst, die du immer wieder wählen musst und mit Tränen in den Augen um Hilfe bitten musst.
Und doch kommt irgendwann der Punkt, wo dich das Problem einholt und du zu deiner Bank gehst. Und dann hast du dein erstes Dispo. Dein Zweites. Und die Spirale dreht sich weiter. Das Dritte. Und Umzüge machen es nicht besser.
Gerade als Kind/Jugendlicher wurde ich von einem Umzug in den nächsten gezogen. Auch das hat sich irgendwie eingebrannt. Seitdem ich 18 bin, bin ich bereits siebenmal umgezogen. Und fast jedes Mal war es ein teurer Spaß. Und weiter ging der Kreisel.
Inzwischen habe ich, unter anderem dank meiner zwei besten Freunde und meines Mannes ein Niveau erreicht, auf dem ich mich ruhig um meine Schulden kümmern kann und trotzdem gewisse Dinge erwerben kann, solange sie nicht zu teuer sind.
Und obwohl ich weiß, dass ich aus der schwierigen Situation raus bin, und immer noch ein wenig Geld am Ende des Monats habe, kriege ich immer noch Angst, wenn das Konto gen 0 geht. Und ich denke, dass das auch noch sehr lange anhalten wird. Mir gefällt das Gefühl allerdings nicht, was ich dabei habe. Und ich bin auch inzwischen nicht der, der rum geht und von seiner finanziellen Angst redet.
In der Regel erzähle ich inzwischen nur noch „Das hätte ich gerne“ oder „Das brauche ich also muss ich sparen“ wobei da das Problem ist, dass ich so gar keine Sparmentalität habe. Aber vielleicht lerne ich das noch.
Aber zuerst muss ich lernen, keine Angst mehr vor dem Nullpunkt auf dem Konto haben. Wichtiger ist, dass ich nicht in den roten Zahlen rutsche. Dass ich nicht wieder in die Dispo-Falle gerate. Aber ich denke, da hab ich nun jemanden an meiner Seite, der dafür sorgt, dass ich nichts Dummes mehr tu.
Und für meine Freunde und meinem Mann bin ich dankbar, dass sie versucht haben, diese Angst fernzuhalten.
Ende – ANGST #4 : Geld
Anmerkung: Dies ist/wird kein Selbsthilfeblog. Bei wirklich starken Problemen, sucht bitte professionelle Hilfe auf.
5 Kommentare zu „ANGST #4: Geld – Limits und Angstzustände“
Das Schuldenproblem kann ich durchaus nachvollziehen. Ich habe meinen Meistertitel in der Elektrotechnik erworben, der kostet natürlich RICHTIG Asche (ungefähr 15.000 Euro alles in allem). Da bekommt man von der KfW einen Kredit. Kurz vorgespult, ich wurde Vater, wurde sitzengelassen und bin alleinerziehend mit einer Tochter bei der Psychische Probleme diagnostiziert wurden.
Die erste Schule war eine Katastrophe, sie musste ständig von mir abgeholt werden, was mich meinen Job gekostet hat. Zum Glück ist die KfW in solchen Fällen sehr kulant was Stundungen angeht, aber die Zinsen häufen sich natürlich an, sowie andere Schulden weil man seine laufenden Kosten auf einmal nicht mehr decken kann oder kurz zuvor größere Dinge angeschafft hatte.
Dann war es für mich sehr schwierig einen Job zu finden mit entsprechenden Arbeitszeiten, da ich ja erst um 09:00 anfangen kann, und das ist im Handwerk absolut unüblich. Letzenendes wurde auch deswegen meine Probezeit nicht mehr verlängert, und der neue Job ist durch Corona dann erstmal in weite Ferne gerückt, zumal das Zeitproblem immernoch besteht.
Ich habe halt immernoch Schulden im 5-Stelligen Bereich, und das bereitet mir täglich Bauchschmerzen. Momentan leb ich von ALG-I , ein paar Monate kann ich noch überbrücken und dann wirds kritisch…..
In meinem Fall sind es meine Eltern ohne die ich diese Last nicht wuppen könnte und schon längst in der Privatinsolvenz gelandet wäre, aber auch das funktioniert nicht ewig.
Inzwischen kann ich aufgrund der Schufa weder Dispo bekommen noch irgendwelche Verträge oder Ratenzahlungen machen, daß ist ein “Vorteil” des ganzen.
Grüße gehen raus an deinen tollen Mann und alle die dir geholfen haben.
Angesichts deiner Vorgeschichte ist das nur zur verständlich. Wer so aufgewachsen ist, will natürlich möglichst behalten, was er sich ehrlich verdient hat. Aber gut, dass du nun die Unterstützung hast, die dir zusteht, damit du sowas nicht mehr ertragen musst.
Ich muss gestehen, dass mein Verhältnis zum Thema Geld auch nicht ganz normal ist. Allerdings geht es in die komplett andere Richtung. Weil ich so ziemlich immer alles in den Arsch geschoben bekommen hab, bedeutet es mir nichts. Es sind für mich nur Zahlen auf dem Papier. Ich meine, sicher, ich bezahl meine Miete, Essen und alles damit, aber es ist mir nichts wert. Deswegen hab ich gerne mal ein lockeres Händchen und bin auch hier und da mal weit über mein eigentliches Budget gegangen. Meistens mehr für andere als für mich selbst, unter dem Hintergrund dass ich lange Zeit nicht der Meinung war, meinen Lohn auch tatsächlich verdient zu haben. Aber das ist eine andere Geschichte.
Wichtig ist, für dich und mich und bestimmt auch für alle anderen dort draußen: Geld muss man sinnvoll ausgeben und in Maßen. Und man sollte nicht versuchen mehr auszugeben als man hat, damit bringt man sich nur in Schwierigkeiten. Ich glaube da haben wir alle schon so unsere Erfahrungen mit gemacht. Der eine mehr als andere. In dem Sinne, alles Gute dass deine Finanzen über 0 bleiben oder vielleicht sogar noch mehr.
Ich denke, das mit dem Geld sparen wird definitiv irgendwann besser klappen. So wie ich dich erlebe gibst du dabei schon dein bestes, auch wenn’s dir immer wieder schwer fällt :)
Aber ich behaupte mal, mit der richtigen Unterstützung, die du ja durch deinen Mann und deine Freunde hast, wird das definitiv klappen, was du dir hier im Beitrag vornimmst.
Und nimm dir ja kein Vorbild an mir! :D
Ich würde gerne wieder einen längeren Kommentar schreiben, aber: Zu dem Blogbeitrag fällt mir ehrlich nicht mehr ein als: Kenn ich, bin genauso.
Aber du weißt ja eh wie super ich im sparen bin.
Von Schulden kann ich (zum Glück) nichts erzählen, die größten Schulden die ich jemals hatte waren bei einem Anwalt, aber das wurde mit Ratenzahlung gelöst, die ich mir leisten konnte.
Vielleicht kann ich ja beim nächsten Beitrag wieder etwas mehr schreiben. Freu mich drauf
Lg Hati :)
Oh ja, das Geld und die Schulden und die Limits.
Ich bin leider auch zu gut darin, Geld auszugeben was ich (noch) nicht habe. Ich habe mir sehr große Träume erfüllt und muss jetzt warten und aussitzen, noch einige Jahre und ich rechne, fast täglich wie nahe ich an meiner Grenze bin.
Und diese darf ich einfach nicht überschreiten.
Das ist fast mit einer meiner größten Ängste. Nennen sie es Existenzangst? Ich glaube das Wort passt hier sehr gut. Bisher konnte ich obwohl ich viele Schulen habe immer jeden Monat bezahlen. Klar musste ich ab und zu was von meiner (so sehr geliebten) Familie etwas leihen aber die Leute, die mir aushelfen können gehen langsam gehen null.
Es ist schwer sich etwas zu leisten und dennoch alles im Blick zu haben aber würde ich das nicht wäre ich Sicher am Ende.
Und was mich noch mehr stört ist die Tatsache, dass ich auf eine gewisse Person angewiesen bin, bzw darauf dass sie arbeiten geht.
Wenn meine mum bei der ich noch zwangsweise wohne aufhört zu arbeiten und ich für sie mit aufkommen müsste würde alles zusammenbrechen. Ich habe so wenig Geld übrig, dass ich das nicht stemmen könnte und das macht mir auch Sorgen.
Ich hoffe dass ich endlich die Kurve bekomme und auch einfach immer im plus bleibe D: